Lean Construction – HyBro macht sich “schlank”

Der Neubau eines eigenen Firmengebäudes bietet einem Bauunternehmen die Möglichkeiten, sich mit neuen Methoden, Arbeitsweisen und Technologien zu beschäftigen. So dient HyBro auch als Pilotprojekt für die Einführung der Management-Methode „Lean Construction“.

 

Was ist Lean?

Wie der Name „Lean“ erahnen lässt (= englisch; schlank) geht es im Lean-Management darum, die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden. Durch transparente Kommunikation können ineffiziente oder überflüssige Prozessschritte schnell identifiziert werden, um diese in Zukunft zu optimieren oder gänzlich zu vermeiden.

Der japanische Erfinder des Lean-Systems aus dem Hause Toyota identifizierte acht Arten von Verschwendung, die es zu eliminieren gilt:

  • Überproduktion
  • Zu hohe Materialbestände
  • Unnötige Transporte und Laufwege
  • Umständliche Bearbeitung
  • Umständliche Bewegungen
  • Wartezeiten
  • Nacharbeiten
  • Ungenutztes Talent

 

Nicht lange nach Bekanntwerden der sichtbaren Erfolge in der Automobilbranche wurde untersucht, ob die Implementierung des Lean-Ansatzes auch positive Auswirkungen auf das Bauwesen haben könnte.

 

Lean-Construction

Die Eliminierung von Verschwendung ist auch ein wichtiger Ansatz in der Baubranche. Lean-Construction betrachtet die Baustelle in ihrer Gesamtheit als Produktionssystem, auf welches unterschiedliche Faktoren wie etwa die Nachunternehmen oder Material und Zeit Einfluss nehmen. Verschiedene Studien zeigen, dass im üblichen, etablierten Bauablauf lediglich 54 % aller geplanten Tätigkeiten für die folgende Woche auch tatsächlich fertiggestellt werden. Dies führt zu unmöglichen Planungsszenarien und ist ein Zeit- und Kostentreiber.

Ziel ist die Optimierung der Baustelle durch

  • Verbesserung des Bauprozesses
  • Minimierung des Ressourceneinsatzes
  • Vermeidung von Verschwendung
  • Erhöhung der Wertschöpfung
  • Auflösung des Denkens in Datensilos
  • Verbesserte Kommunikation (transparenter/effizienter)
  • Planungsoptimierung
  • Genauere Termineinhaltung

 

Was gehört zu Lean?

Der Lean-Ansatz betrifft nicht nur die Prozessoptimierung, sondern alle Geschäftsbereiche eines Unternehmens. Es entwickelt sich ein Lean-Mindset – eine Unternehmenskultur der kontinuierlichen Verbesserung.

Dennoch spielen natürlich auch Methoden eine Rolle, um auf der Baustelle nach Lean zu arbeiten:

  • Taktplanung und Taktsteuerung (möglichst viel Struktur und sich wiederholende Prozesse in das Bauvorhaben integrieren für bessere Planung und Steuerung)
  • Last Planner System (Definition von Arbeitspaketen, Zusammenbringen aller Beteiligten, Veranschaulichung der Aufgaben durch Post-its, direkter Austausch ermöglicht rasche Problemklärung und verbindliche Absprachen, bietet zuverlässigen Arbeitsablauf)

 

Lean@Brodbeck

Für den Bau des hybriden Park- und Bürogebäudes hat sich die Fa. Brodbeck für das Last Planner System entschieden. Es verspricht die folgenden Vorteile:

  • einheitliches Projektverständnis
  • deutlich tiefere Einarbeitung in das Bauprojekt bereits vor Beginn der Baumaßnahme
  • frühe Erkenntnis kritischer Stellen
  • kollaborative Zusammenarbeit aller Beteiligten und Respekt füreinander
  • Sichtbarkeit der vorbereitenden Maßnahmen
  • sehr flexible Planung, kurzzyklisch und detailliert
  • Wertschätzung und Transparenz
  • direkte Kommunikationswege untereinander
  • Abbau von Befürchtungen
  • Teamgeist
  • kontinuierliches Lernen (durch wöchentliches Evaluieren von Störungen)
  • proaktive Reaktion auf Veränderungen
  • Einbeziehung von Nachunternehmern in die Ausführungsplanung => zuverlässige Zusagen und deren Einhaltung
  • Auflösung von Datensilos mit ungeteilten Informationen zum Baufortschritt
  • Qualität der Daten = Qualität des Projekts
  • Einschränkungen für geplante Tätigkeiten im Team identifizieren und eliminieren
  • Reduktion von Tätigkeiten ohne Mehrwert
  • Erzeugung eines kontinuierlichen Arbeitsflusses
  • Anwendung des Pull-Prinzips: Vorleistung wird durch das nachfolgende Gewerk angefordert
  • Kontinuierliche Verbesserung (jap. Kaizen), Hinterfragen des bisherigen Tuns mit dem Ziel der Prozessoptimierung
  • Reduktion von „Feuerwehraktionen und Reduktion von Mängeln auf ein Minimum

Letztendlich führt dies alles zu einer Zeit- und Kostenersparnis.

Wie funktioniert Lean?

Lean Construction mit der Last Planner Methode beinhaltet die folgenden Bestandteile:

Gesamtprozessanalyse

Schafft einen ganzheitlichen Überblick über das Projekt und die enthaltenen Wertströme. Führt zu gemeinsamem Verständnis für das Projekt, Abhängigkeiten zwischen Gewerken und Beteiligten werden deutlich gemacht, potenzielle Risiken und Chancen werden direkt aufgedeckt.

Meilenstein- und Phasenplanung

Erstellung von (wöchentlichen) Arbeitspaketen in Form von sogenannten Phasen auf Basis von entscheidenden Start- und Endmeilensteinen wie z.B. Einreichung Bauantrag, Ende Aushub, weitere Start-, Fertigstellungs- und Übergabetermine.

6-Wochen-Vorschau

Wird auf Basis der Meilenstein- und Phasenplanung aufgesetzt. Planung der anstehenden Aktivitäten und persönlichen Ziele auf Tagesebene für die nächsten 6 Wochen unter Berücksichtigung von Abhängigkeiten mit anderen Beteiligten mit Hilfe von verschieden-farbigen Post-its.

Wochenvorschau (Produktionsevaluations- & Planungsbesprechung (PEP))

Wöchentliche Besprechungen und Anpassungen zur effektiven und effizienten Steuerung von Planungs- und Bauprozessen. Agile Anpassung an neue Gegebenheiten, sofortiges Aufdecken möglicher Abweichungen, Vermeidung von Problemen. Berechnung der Zusage-Quote via Ampelsystem mit Kennzahlen. Ziel: Das Gefühl der Verpflichtung bei den Ausführenden zu erhöhen, um die Aufgaben fristgerecht zu erfüllen.

Diese Bestandteile bauen aufeinander auf und lassen sich gut mit der Flughöhe eines Flugzeugs vergleichen. Zunächst wird aus großer Höhe ein Gesamtverständnis hergestellt, um dann immer detaillierter in die nähere Betrachtung zu kommen.

 

 

Lean in der Praxis bei Brodbeck

In der Zwischenzeit (Mitte April 2023) sind die Aufsetzungsworkshops durchgeführt und der Gesamtprozess, samt Meilenstein- und Phasen-Plan steht. Auch die erste 6-Wochen-Vorschau ist bereits mitten in der Umsetzung. Der Ablauf wird immer sicherer und es können die ersten Fazits zur Wirksamkeit gezogen werden.

Projektleiter Florian von der Heyde: „Der Einsatz von Lean im Projekt wirkt sich positiv auf die Abstimmung mit den Projektbeteiligten aus – Infos werden schneller und transparenter geteilt. Auch die Verbindlichkeit der Projektbeteiligten ist höher. Durch die enge Zusammenarbeit entsteht ein Teamspirit, der das Arbeiten leichter und angenehmer macht. Es ist schnell ein Erfolg sichtbar.“

Architekt Hannes Brodbeck: „Ich kann durch den Einsatz von Lean viel strukturierter Arbeiten, da eine bessere Prozessübersicht vorhanden ist, Meilensteine abgebildet sind, jeder die Arbeitsschritte der anderen Projektbeteiligten kennt und die Kommunikation viel einfacher ist. Auch kann die Projektleitung frühzeitig auf mögliche Probleme reagieren, bevor sie überhaupt entstehen. Lean sollte ab dem ersten Arbeitsschritt an einem Bauprojekt eingesetzt werden, da so sicherlich viel Zeit gespart werden kann – vorausgesetzt alle ziehen an einem Strang.“

Polier Matthias Schlageter: „Nach den ersten Workshops dachte ich, dass noch mehr Arbeit auf mich zu kommt. Schnell erkannte ich den Nutzen der durchschaubaren Arbeitsabläufe und Planungsprozesse, die für einen viel besseren Durchblick sorgen und Abhängigkeiten besser verständlich machen. Ich kann damit die Effizienz meiner Wochen- und Personalplanung deutlich verbessern.“

HLS-Fachplaner Uwe Stopper: „Die Abläufe sind strukturierter und jeder hat Einblick in die anderen Gewerke. Die Zusammenarbeit mit allen „Lean-Kollegen“ im Projekt macht richtig Spaß.“