08 Feb 77 – Stahlflechten
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Bautagebuch
Wir schreiben das Jahr 1903 und befinden uns in einem kleinen portugiesischen Dörfchen Namens Galafura. Die Sonne stahlt (kein Schreibfehler, passt nur irgendwie sinngemäß hervorragend) und der junge Frisörmeister LEANdro, ups… Leandro Brodrigues sitzt ungeduldig, auf den nächsten Kunden wartend, vor seinem neu eröffneten Frisörsalon auf einem kleinen, liebevoll von Hand errichteten Mäuerchen.
Verträumt, seines Blickes schweifend entdeckt Leandro drei Eisenstangen vor sich liegen. Völlig frustriert, da auch sein zweiter Kunde des Tages bereits zwanzig Minuten über dem ausgemachten Termin nicht da ist, fängt er an, sich mit den Stangen zu beschäftigen und sie zu formen und zu biegen. Leidenschaftlich und kraftvoll flechtet er einen Zopf daraus. Als er gerade fertig ist, kommt der verspätete Kunde hastig ums Eck. Leandro, in diesem Moment voller Begeisterung für sein Werk, reißt den Stahlzopf in die Luft und möchte diesen seinem Kunden präsentieren.
Ein Polizist, der zufällig zeitgleich ums Eck kommt, fehlinterpretiert die Situation und geht von einem gerade sich entwickelnden Totschlag aus. So wird Leandro an Ort und Stelle verhaftet und landet in der Zelle. Spät am Abend kommt er jedoch auf “Bewehrung” wieder raus.
Ein Teil des Zopfes aus Stahl, auch bekannt als „Trança de aço“, kann heute im Calouste-Gulbenkian-Museum, in Lissabon besichtigt werden.
So oder so ähnlich, könnte man meinen, hat das Stahl- oder auch Eisenflechten seinen Ursprung.
Und das ist natürlich kompletter Quatsch…
Nur einzig korrekt ist, dass das Stahlflechten, bzw. allgemeiner betrachtet, die Verwendung von Stahl in Beton, seinen Ursprung Anfang des 19. Jahrhunderts hat. Ingenieure begannen mit Experimenten, um die Festigkeit von Beton zu verbessern. Dabei wurde festgestellt, dass die Zugfestigkeit von Beton relativ gering war, während die Druckfestigkeit sich als recht hoch erwies.
Im späten 19. Jahrhundert entwickelten Ingenieure dann Techniken, um Stahlstäbe oder Drahtgeflechte in Beton einzubetten, um die Zugfestigkeit zu erhöhen. Dies führte zur Entstehung von Stahlbeton als Baumaterial.
Erste Anwendungen von Stahlbeton verbreitete sich im frühen 20. Jahrhundert schnell in der Bauindustrie. Ein bedeutendes Beispiel ist der Bau von Schalenstrukturen und Brücken, bei denen Stahlbeton erstmals in großem Maßstab eingesetzt wurde.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden Techniken zur Herstellung von Stahlbeton weiterentwickelt und standardisiert. Dies umfasste die Entwicklung spezifischer Bauvorschriften und Normen für die Verwendung von Stahlbeton in verschiedenen Anwendungen.
Heutzutage ist Stahlbeton ein weit verbreitetes Baumaterial und wird in einer Vielzahl von Bauwerken eingesetzt, darunter Gebäude, Brücken, Staudämme, Straßen und viele andere Infrastrukturprojekte. Es bietet eine hohe Festigkeit und Haltbarkeit sowie eine gute Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen, was es zu einer beliebten Wahl für Ingenieure und Bauherren macht.
Im Beruf Betonstahlbieger/innen und -flechter/innen arbeitet man mit Geräten und Maschinen, z.B. computergesteuerten Eisenbiegemaschinen, Hebezeugen und Kränen, doch erledigt man viele Tätigkeiten auch von Hand, etwa
beim exakten Positionieren und Verflechten von Stahlteilen. Die Arbeit, die meist im Team mit Kollegen und Kolleginnen erbracht wird, ist körperlich sehr anstrengend und kräftezehrend. Zudem arbeitet man häufig in unbequemen Haltungen, etwa kniend, gebückt oder über Kopf. Um den Beruf Betonstahlbieger/innen oder -flechter/innen ausüben zu können bedarf es, in der Regel einer Ausbildung im Baubereich, z.B. im Hochbau bzw. Beton- und Stahlbetonbau.
So können wir nun voller Respekt weiter auf der HyBro-Baustelle beobachten, wie bei Wind und Wetter aktuell tonnenweise Stahl von Hand geflochten und verbunden werden.